Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums
Transparenzprinzip
Die bisherige Investmentfondsbesteuerung war durch das sogenannte Transparenzprinzip geprägt. Das heißt, die Erträge, die einem Anleger über den Fonds zufließen, sind von diesem so zu versteuern, als wären sie ihm direkt zugeflossen. Der Fonds selbst bleibt dabei steuerfrei. Das Transparenzprinzip führt allerdings dazu, dass die Investmentfonds bei jeder Ausschüttung und Ertragsthesaurierung mehrere unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen berechnen müssen. Darüber hinaus müssen die Fonds umfassende Bekanntmachungs-, Veröffentlichungs- und Bescheinigungspflichten erfüllen. Fonds, die diesen Pflichten nicht nachkommen, werden als „intransparente“ Fonds behandelt – mit der Folge, dass beim Anleger eine sogenannte „Strafbesteuerung“ nach § 6 des Investmentsteuergesetzes zur Anwendung kommt.
Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sah im Urteil vom 9.10.2014 (C-326/12, van Caster und van Caster) diese deutsche Strafbesteuerung für intransparente Fonds als mit dem EU-Recht nicht vereinbar an. Die Finanzverwaltung sieht von dieser Besteuerung ab, wenn der Nachweis der Besteuerungsgrundlagen für den betreffenden intransparenten Fonds durch den Steuerpflichtigen selbst erfolgt (BMF-Schreiben vom 28.7.2015). Ein diesbezüglicher Nachweis ist dem durchschnittlichen Kleinanleger jedoch im Regelfall nicht möglich.
Neue Investmentbesteuerung
Die umfassenden Nachweis-, Bekanntmachungs-, Veröffentlichungs- und Bescheinigungspflichten sollen künftig entfallen. Das Bundesfinanzministerium hat einen aktuellen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz) vorgelegt (veröffentlicht am 21.7.2015). Kennzeichnend für das neue Gesetz ist die Einführung eines intransparenten Besteuerungssystems. Alle Publikumsfonds sollen künftig auf ihre Erträge 15 % Körperschaft- bzw. Kapitalertragsteuer zahlen. Der Anleger zahlt auf die verbleibenden 85 % zusätzlich die Kapitalertragsteuer von 25 %. Als Ersatz für die gegenwärtige Besteuerung von ausschüttungsgleichen Erträgen sollen Fondsanleger künftig eine Vorabpauschale zahlen. Die Neuregelungen gelten voraussichtlich ab 2016.
Stand: 27. Oktober 2015